3. Juni 2024 | 18:02 Uhr
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Was die FTI-Pleite für Reisebüros bedeutet

Der Niedergang von FTI bedeutet für die Vertriebspartner nicht nur jede Menge zusätzliche Arbeit sowie besorgte oder verärgerte Kunden, sondern auch wirtschaftliche Einbußen durch entgangene Provisionen. Über das Ausmaß des Schadens wird in der Branche diskutiert.

Sonnenklar Reisebüro

Sonnenklar Reisebüros hatten einen hohen FTI-Anteil im Vertriebsmix. Das Unternehmen selbst ist nicht unmittelbar von der Pleite betroffen

FTI ließ Reisebüros seit einigen Jahren die Wahl, ob sie ihre Provision nach der Anzahlung oder erst nach der Abreise der Kunden überwiesen haben wollten. Reisebüros, die sich der ersten Variante anschlossen, haben auf den ersten Blick die besseren Karten, denn ihre Provision ist bereits überwiesen. Allerdings ist nach Einschätzung mancher Juristen nicht auszuschließen, dass der Insolvenzverwalter Zahlungen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückverlangt.

"Wird das Insolvenzverfahren über sein Vermögen des Schuldners infolge dessen Zahlungsunfähigkeit eröffnet, wird der Insolvenzverwalter bereits eingezogene Beträge durch Widerspruch auf das Schuldnerkonto zurückbuchen lassen. Anerkennenswerte Gründe sind in diesem Fall nicht erforderlich. Der Insolvenzverwalter hat weitergehende Rechte als der Schuldner. Er ist gesetzlich dazu verpflichtet, sämtliche rechtliche Möglichkeiten einzusetzen, um das vorhandene Vermögen, also die zukünftige Insolvenzmasse zu sichern und zu erhalten", schreibt etwa die Kanzlei Brennecke Rechtsanwälte.

Leistung erbracht

Anders sieht das Marija Linnhoff, die Chefin des Reisebüroverbandes VUSR. Die Leistung des Reisebüros sei erbracht, wenn die Anzahlung geleistet und damit der Vertrag zustande gekommen sei, sagt sie im Gespräch mit Counter vor9: "Damit hat das Reisebüro seine Aufgabe erfüllt." Die Erfahrungen mit den Pleiten von Thomas Cook und Airberlin hätten zudem gezeigt, dass die Insolvenzverwalter nicht versucht hätten, bereits ausgezahlte Provision zurückzufordern. Wenn es anders käme, würde ihr Verband juristisch dagegen vorgehen, fügt sie hinzu.

Insgesamt schätzt Linnhoff den Schaden für den stationären Vertrieb als überschaubar ein. Viele Reisebüros hätten FTI im Wissen um die wirtschaftliche Schieflage nur noch auf ausdrücklichen Wunsch der Kundschaft verkauft. Darauf deutet auch die Aussage des insolventen Unternehmens selbst hin, das unter anderem schwache Buchungen für einen zuletzt entstandenen Fehlbetrag in zweistelliger Millionenhöhe verantwortlich macht. Eine Teufelsspirale, aus der sich das Unternehmen offenbar nicht mehr befreien konnte.

FTI-nahe Büros haben den Schaden

Hart treffe das FTI-Aus indes Büros, deren Leitveranstalter FTI war, sagt Linnhoff. So wie die Reisebürokette TVG, die FTI im Joint Venture mit RTK betrieb. Zwar ist die Kette nicht direkt von der Insolvenz betroffen. Doch sie benötigt nun ein neues Dach für den 50-prozentigen FTI-Anteil. Außerdem dürften viele TVG-Buchungen von der FTI-Pleite betroffen sein. Der Anteil von FTI am TVG-Portfolio wird auf 30 bis 40 Prozent geschätzt, nachdem der Gesellschafter seine führende Rolle im Vertriebsportfolio der TVG in den vergangenen Jahren immer offensiver eingefordert hatte.

Auch für die Euvia GmbH als Betreibergesellschaft von Sonnenklar TV ist die Situation nicht einfach. Zwar ist auch sie von der Insolvenz bislang nicht betroffen. Allerdings lag der FTI-Anteil an ihrem Portfolio geschätzt bei satten 75 Prozent. Neben der Rückabwicklung von Reisen, die nun nicht mehr durchgeführt werden, muss sich Sonnenklar einen neuen Leitveranstalter suchen. Dem Vernehmen nach preist Sonnenklar TV nun verstärkt Reisen von Clevertours aus dem Hause Rewe an – und versichert den Zuschauern, dass diese nun aber wirklich sicher seien.

Christian Schmicke

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