25. Juli 2024 | 18:48 Uhr
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Konflikt zwischen Staat und Klimaaktivisten verschärft sich

Nach den jüngsten Aktionen von Vertretern der "Letzten Generation", von denen am Donnerstagmorgen auch der größte deutsche Flughafen in Frankfurt betroffen war, mehren sich aus Branche und Politik Forderungen nach Strafverschärfungen. Derweil sorgen sich Airports um die Kosten für zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen.

Klimaaktivist

Nach mehreren Störaktionen von Klimaaktivisten an Airports verhärten sich die Fronten

Im Anschluss an die Aktionen von Klimaaktivisten an Flughäfen am Mittwoch und Donnerstag geschah, was in solchen Fällen immer passiert. Vertreter von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen verurteilten das Vordringen der meist jungen Leute, beklagten die Nöte der Reisenden durch Verspätungen und Flugausfälle, wiesen auf den wirtschaftlichen Schaden hin und prangerten an, dass derlei Aktivitäten Menschenleben gefährden könnten.

In Frankfurt erklärte Betreiber Fraport zur Schadensbilanz, dass rund 170 der 1.400 für Donnerstag geplanten Flüge ausgefallen seien und es zu weiteren Streichungen kommen könne. Eine konkrete Höhe der durch die Aktion der Klimaaktivisten am Donnerstag verursachten Schäden sei aber noch nicht möglich. Fraport will rechtliche Schritte gegen die Aktivisten einleiten und droht den Tätern mit empfindlichen Strafen und hohen zivilrechtlichen Schadensersatz­forderungen. „Solche Aktionen gefährden den Flugbetrieb, und damit letztendlich Menschenleben“, sagte ein Sprecher dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Touristen als "Feindbild"

Auch Ralph Beisel, Chef des deutschen Flughafenverbands ADV, kritisierte die Aktionen scharf. Über die aktuellen Störungen der selbst ernannten Aktivisten bin ich entsetzt, erklärte er gegenüber T-Online. Eine ganze Branche werde stigmatisiert. Das sei eine Zumutung für Tausende Touristen in Deutschland, die zum Feindbild erklärt werden sollten, obwohl sie nur in den wohlverdienten Urlaub fliegen wollten. Er gehe von einem zweistelligen Millionenbetrag durch die aktuellen Flugbetriebsstörungen aus, so Beisel weiter. Der überwiegende Teil der Kosten falle bei den Airlines an"

Der Bundesverband der deutsche Tourismuswirtschaft BTW fordert "spürbare rechtliche Konsequenzen für die Beteiligten und kurzfristige politische Entscheidungen, um Lücken in der Strafbarkeit solcher Aktionen zu schließen". Die Aktionen der Letzten Generation an Flughäfen gingen "deutlich zu weit", kritisierte Generalsekretär Sven Liebert. Die Beteiligten verursachten "bewusst finanziellen Schaden bei zahlreichen Unternehmen der Tourismuswirtschaft wie Airlines, Reiseveranstaltern bis zu Hotels in den Zielgebieten, aber auch bei vielen Gästen". 

"Massive Einbußen"

Das führe zu "massiven finanziellen Einbußen sowie massivem organisatorischen und personellen Zusatzaufwand der Luftverkehrsunternehmen und vieler Partner in der Tourismuswirtschaft, diese Schäden von ihren Kunden abzuwenden". Der BTW fordere, "in der Verfolgung der Eingriffe den bestehenden Rechtsrahmen auszunutzen ­– auch um vor ähnlichen gefährlichen und gleichzeitig wirtschaftlich massiv schädigenden Aktionen abzuschrecken".

Landespolitiker in Hessen, wo der Flughafen Frankfurt am Main liegt, reagierten ebenfalls heftig auf die jüngste Störaktion. Ministerpräsident Boris Rhein erklärte, es handele sich um "unverantwortliche und kriminelle Klima-Chaoten", die lediglich möglichst großen Schaden anrichten wollten. Vertreter anderer Parteien äußerten sich ähnlich. Häufig genannt sind Forderungen nach einer möglichst schnellen Verschärfung des Luftsicherheitsgesetzes und einer Erhöhung des Strafmaßes für die Aktivisten.

Erneuter Strategiewechsel

Die "Letzte Generation" in Deutschland, deren Anhängerzahl nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung auf etwa 500 bis 600 geschätzt wird, hatte im Frühjahr 2024 eigentlich angekündigt, auf weitere Störungen auf Straßen und Flughäfen zu verzichten. Die Gruppe, die sich im Wesentlichen aus Spenden finanziert, war zudem zur Europawahl Anfang Juni angetreten, bei der sie allerdings nur 0,3 Prozent der Stimmen erhielt. Nun scheint sie zu ihren alten Aktionsformen zurückgekehrt zu sein.

Denn sie hat weitere Flughafenblockaden in der Urlaubssaison angekündigt. Eine Sprecherin sagte dem Portal T-Online, wann und wo die Aktionen stattfinden würden, werde man nicht verraten. Laut dem Bericht haben sich 15 Gruppen aus Europa und Nordamerika in der Kampagne "Oil kills" – Öl tötet – zusammengeschlossen, darunter ist auch die „Letzte Generation“ aus Deutschland.

Im englischen TV-Nachrichtenkanal der Deutschen Welle verteidigte die Aktivistin Lina Johnson am Donnerstag die Aktion, die unter anderem von Bundesinnenministerin Nancy Faeser als „gefährlich und kriminell“ eingestuft worden waren. "Ich würde die Regierungen in Deutschland und anderswo als eine wirkliche Gefahr und als die wahren Kriminellen bezeichnen", sagte sie, und weiter: "Denn sie verbrennen immer mehr fossile Energieträger und investieren in fossile Energie-Formen. Das ist ein kompletter Betrug an der jungen Generation." Die Menschen, die in den Urlaub wollten, täten ihr zwar leid, aber: "Wir alle tun so, als würden wir in einer Realität leben, die es so gar nicht mehr gibt." Es könne durchaus zu einer Ausweitung der Aktionen kommen, erklärte die Sprecherin weiter. Denkbar sei zum Beispiel, dass an einem Tag mehrere deutsche Flughäfen gleichzeitig lahmgelegt würden.

Fragen zur Sicherheit

Bleibt die Frage, warum es den Aktivisten offenbar mit ähnlicher Leichtigkeit wie im vergangenen Jahr gelang, auf die Start- und Landebahnen der Airports vorzudringen. Die Flughäfen selbst sprechen von verbesserten Sicherheitskonzepten, halten sich aber im Detail bedeckt. ADV-Chef Beisel erklärte gegenüber T-Online, mehr Sicherheitskräfte, um die Flughäfen vor Ort zu überwachen, bringe "nicht allzu viel". Er begrüße den erhöhten Polizeieinsatz, um die Flughafenzäune zu bestreifen, aber: "Wir können nicht 350 Kilometer deutschen Flughafenzaun kontrollieren. Überspitzt gesagt: Eine Überwachung wie an der innerdeutschen Zonengrenze ist nicht realistisch."

Christian Schmicke

Reise vor9 hat im vergangenen Jahr mit dem Flughafenexperten und heutigen Tuifly-Chef Michael Garvens über die Aktionen der Klimaaktivisten und das Sicherheitsprofil an deutschen Airports gesprochen. Den Podcast finden Sie hier: 

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