12. Oktober 2023 | 15:13 Uhr
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"Die Reisebranche darf die Preisschraube nicht überdrehen"

DRV-Präsident Norbert Fiebig (Foto) fand auf dem Hauptstadtkongress klare Worte. Auch wenn die Umsätze über der Vor-Corona-Zeit lägen, buchten deutlich weniger Menschen einen organisierten Urlaub. Reisen sei teurer geworden, doch die Branche dürfe die Preisschraube nicht überdrehen. Urlaub müsse für Durchschnittsverdiener bezahlbar bleiben.

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DRV-Präsident Norbert Fiebig redete der Branche ins Gewissen, die Preisschraube nicht zu überdrehen

"Erstmals nach der Corona-Pandemie haben wir wieder ein normales Jahr geschafft. Und das aus eigener Kraft", so der DRV-Präsident in seiner Rede. "Die Deutschen wollen reisen und sie reisen auch wieder – sowohl privat als auch zu geschäftlichen Zwecken." Die Stimmung in der Reisewirtschaft kurz vor Ende des Touristikjahres sei gut. Aktuell lägen die Umsätze schon sieben Prozent über dem Vor-Corona-Jahr 2018/2019. "Und das Jahr ist noch nicht zu Ende", so Fiebig.

Jeder sechste Kunde ist nicht mehr gereist

Die Freude über gestiegene Umsätze dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass deutlich wenigen Menschen reisten. Die Zahl der Pauschalreisenden liege 16 Prozent unter dem Niveau von 2019. "Das heißt, jeder Sechste hat nicht mehr gebucht", sagt Fiebig. "Es gibt eine beachtliche Zahl an Menschen in diesem Land, die sich Urlaub im Sommer nicht mehr leisten können." Das sei eine soziale Frage.

"Wir sehen aktuell eine Zweiteilung bei den Kunden", erläutert der Verbandschef. Viele Kunden seien bereit und in der Lage, mehr Geld für das Reisen auszugeben. Sie akzeptierten gestiegenen Preise und gönnten sich auch in diesem Jahr etwas mehr. Die Frage sei allerdings, "wie lange hält das so an?" Es gebe aber auch die andere Seite, sagt Fiebig. "Bei vielen potenziellen Kunden drücken die gestiegenen Lebenshaltungs- und Energiekosten erkennbar auf den Geldbeutel. Das spüren ganz besonders die Familien."

Urlaub muss bezahlbar bleiben

"Urlaub muss auch für Durchschnittsverdiener weiter bezahlbar bleiben", mahnt Fiebig. "Das hat das Zeug zu einer sozialen Frage, wenn nicht alle aufpassen." Hier müsse die Tourismusbranche wachsam sein, mahnt ihr Präsident. "Die Preisschraube darf deshalb von keiner Seite überdreht werden – weder von den Zielgebieten noch von den Leistungsträgern."

Auch bei der Politik sieht Fiebig "dringenden Handlungsbedarf". Anhaltend hohe Inflation und hohe Energiekosten würden auf die Konsumnachfrage schlagen. "Erste Auswirkungen sehen wir auch schon in unserer Branche", obwohl das Reisen auf der Konsumwunschliste der Deutschen nach wie vor ganz oben stehe.

Bei der Inflationsbekämpfung sei auch die Bundesregierung gefordert. "Die Nachfrage muss stimuliert werden – dafür brauchen wir Entlastungen." Fiebig verwies auf die spanische Regierung, die Steuern auf Grundnahrungsmittel zum Jahresanfang auf null setzte und damit dafür gesorgt habe, dass die Inflation geringer ausfalle. "Es geht darum, dass die Menschen mehr Geld für den Konsum in der Tasche haben", so Fiebig. "Davon profitieren viele Branchen, auch wir als Reisewirtschaft."

"Massiver Vertrauensverlust" durch RTK-Datenskandal

Fiebig ging in seiner Rede auch kurz auf den RTK-Datenskandal ein. "Die Datenweitergabe zwischen RTK und FTI hingegen hat zu einem massiven Vertrauensverlust geführt", so der DRV-Präsident. "Das war weit mehr als nur schlecht – sowohl für die betroffenen Parteien, als auch für die gesamte Branche." Wichtig sei jetzt, dass "Vertrauen wieder wachsen kann". Der Reisevertrieb formiere sich neu und es gebe klare Bekenntnisse der Veranstalter, sagt Fiebig. "Das ist gut und das ist wichtig, denn nur gemeinsam sind wir als Reisewirtschaft stark."

Thomas Hartung

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