25. Juli 2024 | 16:49 Uhr
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Warum ein Thüringer Veranstalter auf Nachhaltigkeit setzt

Thomas Schumann (Foto), Gründer des Thüringer Gruppenreiseveranstalters Schumann Reisen, setzt bei seinen Reisen konsequent auf Emissionsvermeidung, -verringerung oder Kompensation. Da seine Kundschaft fast ausschließlich aus dem regionalen Umfeld kommt, ist das nicht frei von Risiken. Doch der Unternehmer bleibt entschlossen.

Schumann Thomas

Thomas Schumann hat sich eine fünfprozentige Reduzierung der Emissionen pro Jahr zum Ziel gesetzt

Wenn es um Beispiele dafür geht, wie sich die Touristik glaubwürdig dem Thema Nachhaltigkeit annähern kann, stehen oft die großen Player im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit. Das hat gute Gründe – schließlich sind die Auswirkungen des Drehens von Stellschrauben am größten, wenn Millionen von Reisenden darin eingebunden werden. Doch andererseits wird es kaum ein Großunternehmen geben, das im Sinne der Nachhaltigkeit freiwillig auf Kundschaft und damit auf Umsatz verzichtet. Fortschritte in Sachen Umwelt, Naturschutz und sozialer Verantwortung funktionieren mit oder ohne Börsennotierung nur, wenn sie spätestens mittelfristig höhere Gewinne versprechen.

Ambitionierter Mittelständler

Auch im Mittelstand ist keineswegs alles Gold, was glänzt – wenngleich man einer Reihe von Unternehmern ohne Einschränkung bescheinigen kann, dass sie es ernst meinen. Ein Beispiel, dass Touristiker gelegentlich auch dann ihren Überzeugungen folgen, wenn es dadurch für sie ungemütlich wird, ist Thomas Schumann. Der gründete 1990 Schumann Reisen mit Firmensitz in Triptis in Thüringen. Gestartet mit Tagesfahrten in einem Kleinbus, hat der Veranstalter sein Portfolio kontinuierlich erweitert und bietet heute Gruppenreisen auf allen Kontinenten an.

Nach Angaben des Unternehmers arbeitet Schumann Reisen ausschließlich mit persönlich ausgearbeiteten Programmen und exklusiven Ausflügen. Alle Reisen werden von Schumann, einem Mitglied seiner Familie oder langjährigen Mitarbeitern begleitet. Kunden, die in Thüringen und Sachsen-Anhalt wohnen, werden bei Reisebeginn von zu Hause abgeholt und am Ende der Tour wieder dorthin gebracht. Sie machen laut Schumann rund 95 Prozent der Klientel aus, die sich auf 3.500 bis 5.000 Menschen pro Jahr summiert.

Konsequent gegen Widerstände

Genau an dieser Stelle beginnen die Widerstände, mit denen sich der Veranstalter beim Thema Nachhaltigkeit konfrontiert sieht. Denn Teile der Bevölkerung von Thüringen und Sachsen-Anhalt wandern gerade ins rechte politische Spektrum ab, nicht wenige sind davon überzeugt, dass es den durch Menschen verursachten Klimawandel gar nicht gibt. Viele Einstellungen unterscheiden sich deutlich von denen in den metropolitanen Zentren. 

Aber von Anfang an: 2018 gelangte Schumann, wie er sagt, zu der Überzeugung, dass sich Unternehmertum nicht ausschließlich auf die Umsetzung wirtschaftlicher Zeile beschränken dürfe, sondern auch eine Verpflichtung gegenüber der Umwelt und den Menschen in den bereisten Ländern beinhalte. Mit seinem Team diskutierte er daraufhin die notwendigen Schritte für eine Veränderung. Und das hatte Folgen.

Themen wie Müllvermeidung, etwa durch die Verwendung von Porzellan und Glas statt Plastik in seinen Reisebussen, hätten schon länger auf der Tagesordnung gestanden, sagt der Veranstalterchef. Doch die jüngeren Schritte seien deutlich aufwändiger gewesen. Zusammen mit dem auf Nachhaltigkeitsthemen spezialisierten Hochschulprofessor Harald Zeiss und Studierenden der Hochschule Harz ließ er die CO2-Emissionen, die seine Reisen verursachten, detailliert ermitteln. Heute wird der CO2-Fußabdruck, den jeder Gast verursacht, für jede Reise ausgewiesen und für die Kunden gut erkennbar auf der Website des Veranstalters neben den Reisepreis gestellt. Sämtliche Emissionen werden seit Mai kompensiert.

Vermeidung und Kompensation 

Die für die Flüge entfallenden CO2-Emissionen – aktuell rund ein Drittel der Gesamtmenge – kompensiert Schumann Reisen über Atmosfair. Die gemeinnützige Klimaschutzorganisation entwickelt und betreibt in Ländern des Globalen Südens Klimaschutzprojekte, durch die klimaschädliche Treibhausgase reduziert und Armut bekämpft werden. Die verbleibenden zwei Drittel der CO2-Emissionen entfallen auf die Anreise mit anderen Verkehrsträgern, den Transport vor Ort, Ausflüge, die Unterkünfte und die Verpflegung. Sie gleicht Schumann Reisen aus, indem er zu gleichen Teilen ein Projekt zur Moor-Renaturierung in Mecklenburg-Vorpommern und soziale Hilfsprojekte weltweit unterstützt. 

Vor einigen Monaten kündigte Schuman zudem an, keine Reisen mehr in die Arktis und Antarktis zu veranstalten. Das sei ihm aus zwei Gründen nicht leichtgefallen, berichtet er. Zum einen seien die hochpreisigen Antarktis-Reisen sehr lukrativ gewesen. Und zum anderen erkenne er durchaus, dass Reisende in der Antarktis ein stärkeres Bewusstsein für deren Schönheit entwickelten, aber auch für die Bedrohungen, denen sie ausgesetzt sei. Doch in der Summe seien die Schäden durch den zunehmenden Tourismus in dem sensiblen Erdteil größer als der Nutzen. Denn die sensiblen Ökosysteme am Nord- und Südpol seien von den Folgen des Tourismus besonders stark betroffen; zudem verursachten die Reisen dorthin aufgrund der Flüge und Kreuzfahrtschiffe besonders viele Treibhausgase und es gebe keine einheimische Bevölkerung, die von den Reisen profitiert. 

 Nicht alle Kunden ziehen mit

Auch ohne den Wegfall des Arktis- und Antarktis-Programms koste ihn die konsequente Ausrichtung an der Maxime, Emissionen zu vermeiden, zu reduzieren oder notfalls zu kompensieren, Kunden, sagt Schumann. Denn all dies mache die Reisen teurer – zusätzlich zu dem ohnehin zu verzeichnenden Preisanstieg bei den Leistungsträgern. Manche langjährigen Kunden seien nicht bereit, das mitzutragen, so der Unternehmer, der sich gleichwohl nach eigenen Worten heute nicht mehr scheut, Themen wie dir Bedrohung der Demokratie durch die AfD auch auf Reisen gegenüber der Kundschaft zur Sprache zu bringen. 

Durch Maßnahmen wie den Umstieg vom Flugzeug auf die Bahn bei Reisen in Europa, die Wahl von klimafreundlichen Hotels und die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung sei bereits in den vergangenen Jahren eine Reduktion der schädlichen Gase erreicht worden. Dazu beigetragen hätten auch Maßnahmen im eigenen Geschäftsbetrieb, wie der Reduzierung des Energie- und des Papierverbrauchs und der Wechsel zu klimafreundlichem Öko-Strom. Zudem habe der Veranstalter den Großteil seines Fuhrparks auf E-Fahrzeuge umgestellt. Mit dem Erreichten will es Schumann aber nicht bewenden lassen. "Unser Ziel ist es, den ökologischen Fußabdruck auf unseren Reisen bis 2027 jedes Jahr um mindestens fünf Prozent zu senken", unterstreicht er.

Christian Schmicke

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