21. April 2023 | 07:00 Uhr
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Warum ein Reisebüro mehr Brötchen als Reisen verkauft

Reisebüroinhaber Sven Bruchhagen ist 49 Jahre alt und hängt an seinem strukturschwachen Heimatort Beyenburg, der im Osten von Wuppertal liegt. Er hat das familiengeführte Touristikunternehmen 2001 von seinem Vater übernommen, doch Reisen verkauft er so gut wie keine mehr. Mittlerweile ist das Büro zum Tante-Emma-Laden geworden.

Reisebüro Beyenburg Foto Reisebüro Beyenburg

In das Reisebüro Beyenburg gehen die Anwohner eher zum Einkauf als zum Buchen

Das Reisebüro Beyenburg gibt es seit 1978, es war lange Jahre "ein großes und beliebtes Reisebüro für Gruppenreisen", erzählt Bruchhagen. Die älteren Leute der Umgebung seien Stammkunden gewesen und sein Vater daher viel auf Achse. "Er hat es sich nicht nehmen lassen, so viele Reisen wie möglich zu begleiten", sagt der Bürokaufmann. 2001 übernahm dann Sohn Sven den elterlichen Betrieb vom Vater.

Die Jungen buchen im Internet
Jedoch sei schon seit einigen Jahren der Wurm drin, das Auslaufmodell Touristik habe sich schleichend vollzogen. "Es kam einfach keine neue Generation an Kunden für das Reisegeschäft mit Fokus auf Busreisen nach", erzählt der 49-Jährige. "Und Pauschalreisen oder Bausteine buchen die Jungen, wenn sie denn noch hier sind, im Internet", sagt er. Darum hat Bruchhagen den Reiseverkauf beziehungsweise das Trommeln für sein Reisebüro vor drei Jahren mit Corona quasi aufgegeben. Das Schild Reisebüro hänge zwar noch, doch mittlerweile habe er einen Tante-Emma-Laden daraus gemacht.

Geschäftesterben im 6.000-Einwohner-Ort
"Im Ort hat alles zugemacht, was man zum Leben braucht", sagt er. Es gebe keinen Metzger, keinen Supermarkt und keine Post. Also verkauft Bruchhagen nun Lebensmittel und Drogerieartikel, nimmt Pakete an, verkauft Lottoscheine und hat einen Postschalter. Und weil auch der letzte Bäcker in Beyenburg Ende 2022 aufgegeben hat, verkauft Bruchhagen nun auch Brötchen, die er jeden Morgen aus dem Nachbarort holt. "Irgendjemand muss das doch machen, also mache ich es seit dem 1. April", so Bruchhagen. Gerade die älteren Leute dankten es ihm. Im Reisebüro Beyenburg erinnert nur noch die Auslage von Katalogen mit Busreisen an die Tradition des Geschäfts. Traurig sei er deswegen nicht, woanders neu anzufangen sei auch keine Option. "Meine Mutter wohnt mit im Haus und alles ist in Familienbesitz", erzählt Bruchhagen. Und so mache er das Beste draus.

Sabine Schreiber-Berger

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