4. Dezember 2023 | 07:00 Uhr
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Warum der Bahnvertrieb für Reisebüros ein Auslaufmodell ist

Das Reisebüro Vivell gibt es in Landsberg am Lech seit 76 Jahren, von Beginn an habe man eine Bahnagentur gehabt, sagt Geschäftsführer Michael Vivell (Foto). Die seit 2012 betriebene DB-Mobil-Agentur jedoch werde geschlossen, was den Abschied vom Bahnreise-Geschäft mit Privatkunden bedeute. Der hohe Aufwand könne mit keiner Servicegebühr mehr ausgeglichen werden.

Vivell Michael Reisebüro Foto Reisebüro Vivell

Michael Vivell sieht für den Verkauf von Bahntickets an Privatkunden keine Zukunft

"Seit ich denken kann, hatten wir im Familienbetrieb den DB-Agenturvertrag, unser Bahnhof in Landsberg hat einen guten Pendleranteil", sagt Michael Vivell, der das elterliche Reisebüro 2006 übernommen hat. Am Bahnhof habe es zudem eine DB-Verkaufsstelle gegeben, die 2012 geschlossen wurde. "Am nächsten Tag standen die zwei freigestellten Mitarbeiterinnen bei uns im Reisebüro und fragten, ob wir Personal suchen", so Vivell. Seinerzeit habe er das im Team besprochen und es fiel die Entscheidung, den Verkauf von Bahntickets auszubauen und ein Kompetenzteam zu gründen, mit dem Duo als Grundstock.

Deutschlandticket besiegelt das Aus
Jedoch hätten sich mittlerweile so viele Parameter gewandelt, dass er das Geschäft mit Privatkunden zum Jahresende einstellt, beziehungsweise den mit drei Jahren Laufzeit versehenen Vertrag mit der Bahn für die Mobilagentur auslaufen lässt. "Das lief all die Jahre gut, bis 2020 Corona zugeschlagen hat und mit einem Mal alles zum Erliegen kam", blickt Vivell zurück. Auch nach der Pandemie sei der Verkauf nicht mehr richtig angelaufen. Vor allem das Deutschlandticket, zum Preis von neun oder aktuell 49 Euro, habe das Aus besiegelt. "Kein Mensch kommt mehr an den Counter, um ein normales Ticket im Fernverkehr zu buchen, das können die Leute selbst im Internet erledigen", sagt Vivell. Auch der Verkauf von Zeit- oder Monatskarten falle mit dem Deutschlandticket weg. "Wenn die Kunden bei uns buchen wollen, dann sind es die schwierigen und damit zeitaufwendigen Fälle", erklärt er weiter. Dann gehe es etwa um Gruppenfahrten, den Nachtzug quer durch Europa, Fahrradmitnahme und Reisende mit eingeschränkter Mobilität.

Er bekomme den Aufwand mehrerer Arbeitsstunden einfach nicht mehr vergütet, schon gar nicht über die DB-Provision. Und theoretisch müsste man in manchen Fällen bis zu 200 Euro Servicegebühr erheben, um kostendeckend zu arbeiten. Das könne man keinem Kunden vermitteln. Es ist laut Vivell kaum zu glauben, wie komplex die Buchung von grenzübergreifendem Bahnverkehr teils gestaltet ist. Seine Mitarbeiter meldeten sich für die Buchung von einer grenzüberschreitenden Fahrt schon mal bei mehreren Portalen für Endkunden an. "Es gibt kein B2B-Portal in Europa, das den Bedarf gut abdeckt", so Vivell.

Unmut der Bahnkunden landet am Counter
Ein weiteres Argument gegen die Fortsetzung des Geschäfts mit Privatkunden ist die hohe Beschwerdequote. "Wir haben uns gefragt, ob wir das den Mitarbeitern zumuten wollen – denn wir können nichts für Bahnstreiks und andere Ausfälle. Wir haben den Unmut der Leute abbekommen, obwohl wir keine DB-Mitarbeiter sind", sagt der Touristiker. Der früher positive Effekt der Eigenwerbung falle weg, eben ganz im Gegenteil: "Wir haben die Mobilitätsagentur teils auch quer finanziert, denn wirklich lukrativ war das nie, jedoch früher mit hoher positiver Außenwirkung an die Kunden", erinnert sich der Reisebüroinhaber.

Geschäftsreisen gehört die Zukunft
Zumal ab 2024 die bayerische Regiobahn (BRB) den Nahverkehr der Gemeinde mit 30.000 Einwohnern abdeckt. Da hätte das Reisebüro Vivell auch die BRB-Tickets vertreiben müssen und dafür hätte es eine teure Anbindung an Mid- und Backoffice gebraucht. "Das alles führt unter dem Strich zu dem Ausstieg, wobei wir ja im Geschäftsreisebereich ausbauen wollen", sagt Vivell. Künftig setze er mehr als zuvor auf das Geschäft mit den Dienstreisen der kleinen und mittelständischen Unternehmen der Region. "Man muss mit der Zeit gehen", stellt er fest.

Sabine Schreiber-Berger

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