VUSR fordert gemeinsamen Spitzenverband
Marija Linnhoff hatte gerufen, und (fast) alle sind gekommen. Mit einer beeindruckenden Präsenz aus dem Top-Management ist die Jahrestagung des VUSR über die Bühne gegangen. Kontroverse, aber auch versöhnliche Töne waren zu hören. Einig war man sich darin, dass es gegenüber der Politik einen echten Schulterschluss der Branche geben müsse.
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Marija Linnhofff startet in ihrer eigenen Art fulminant in die Tagung. Insbesondere das Desinteresse von bestimmten Politikern und immer neue Verbote oder Restriktionen gegenüber der Reisewirtschaft erregte den Ärger der VUSR-Chefin. "Diese Arroganz der Politik ärgert mich maßlos." Doch schließlich richtete sie den Blick nach vorn: "Es muss ein Ruck durch unsere Branche gehen, wir brauchen ein anderes Selbstbewusstsein gegenüber der Politik. Ja, wir dürfen etwas sagen."
Allerdings, so ihre Erkenntnis, müsse sich die Masse der Verbände konsolidieren. „Wir brauchen einen Spitzenverband. Wir brauchen eine starke Stimme nach draußen. Warum tun wir uns nicht zusammen?" fragte sie ihre Mitglieder und auch in die Richtung von TUI CEO Sebastian Ebel, der mit ihr zum Start auf dem Podium Platz genommen hatte. Linnhoff weiter: "Der DRV hätte das Zeug, ein echter Spitzenverband zu werden. Aber offenbar hat man es sich dort in der Komfortzone bequem gemacht." Dabei sei es angesichts der politischen Regulierungswut und grüner Verbotspolitik wichtig, dass sich die Verbände in geschlossenen Räumen mit den drängenden Themen auseinandersetzen. "Hinter den Kulissen können wir uns kloppen, nach außen müssen wir aber eine Stimme haben."
Kritik an der unzureichenden Lobbyarbeit des DRV
Sebastian Ebel, der mit der TUI erst unlängst als Fördermitglied in den VUSR eingetreten ist, hatte indes lobende Worte für die mächtige Frontfrau des zahlenmäßig immer noch kleinen Reisebüroverbands: "Ich bin gerne gekommen, weil sie direkt sprechen. Es ist wichtig, dass wir nicht in Vornehmheit schweigen, sondern offen die Stimme erheben. Denn Stillschweigen wäre Zustimmung." Wenig schmeichelhaft für den DRV dann Ebels Statement als er über Linnhoff sagte: "Sie macht einen Job, den eigentlich andere machen sollten. Ich kann mich erinnern, als Klaus Laepple noch Präsident war, hat er immer klar gesprochen und wurde auch gehört." Der DRV-Ehrenpräsident, der mit seiner Frau zur Jahrestagung erschienen war, hörte derweil von seinem Platz in der ersten Reihe interessiert zu.
Sebastian Ebel versuchte anschließend zu erklären, warum die Reisebranche in der Politik eine so schlechte Lobby habe. "Bashing ist halt sehr bequem, gerade wenn es um das Fliegen geht. Dann erheben die Politiker gerne ihren moralischen Zeigefinger. Und oft spielt auch der Neidfaktor eine Rolle." Doch der Bogen, so findet Ebel, sei inzwischen überspannt. "Ich bin davon überzeugt, dass der Zuspruch der AfD reiner Frust über die etablierte Politik ist." Dabei sei doch klar, dass wenn der Tourismus ausbleiben würde, dass dann auch Armut entsteht. Daher sei letztlich Angriff die beste Verteidigung. "In Berlin und Brüssel will man uns gerne etwas überstülpen. Wenn wir nicht darauf reagieren und Punkte nicht offen ansprechen, wird das als Stillschweigen akzeptiert."
Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen den Reiseveranstalter und dem Reisebüro-Vertrieb scheint das Kriegsbeil derzeit weitgehend begraben. Der VUSR kündigte an, dass man die Musterklage gegenüber den Veranstaltern wegen der unbezahlten Mehrarbeit derzeit nicht weiterverfolge. „Wir sollten lieber sprechen und eine einvernehmliche Lösung finden“, so Linnhoff.
Sebastian Ebel: "In Deutschland ist kein Kurs gegen die Reisebüros möglich"
Deutlich wurde auch, wie viel besser die Partnerschaft zwischen der TUI und dem VUSR geworden ist. Linnhoff rechnet Ebel hoch an, dass er sich in Person den Themen des Vertriebs stellt. Und Ebel machte deutlich, dass dies kein kurzfristiger Schmusekurs sei: "Man kann in Deutschland nicht gegen die Reisebüros arbeiten. Dort wird früh und hochwertig gebucht. Der Kunde ist hybrid oder hat seine Präferenzen. Aber Deutschland ist kein reines Online-Land und viele schätzen die persönliche Beratung. Es ist kein entweder-oder, sondern ein sowohl-als-auch."
Lediglich beim Thema Nachhaltigkeit gab es keinen gemeinsamen Nenner zwischen Ebel und Linnhoff. Die VUSR-Präsidentin: "Das Thema ist natürlich wichtig, aber es interessiert die Kunden nicht. Die wollen einfach nur ein oder zwei Wochen Urlaub im Jahr machen." Die Blitzumfrage in dem gut gefüllten Tagungsraum unter den zahlreichen Reisebüro-Inhabern bestätigte dann auch Linnhoffs Aussage. Auf die Frage, ob einer der Anwesenden schon jemals irgendwelche Kunden im Reisebüro gehabt hätten, die sich für eine nachhaltige Reise interessieren, ging nicht eine einzige Hand in die Höhe. Doch Ebel hielt dagegen. "Unsere Marktforschung sagt da etwas anderes. Deswegen wird die TUI jetzt als neue Kategorie extra zertifizierte Carbon Free Hotels anbieten."
Pascal Brückmann