Viele Reisebüros wollen Vorkasse für Flüge erhalten sehen
Eine Mehrheit der Reisebürochefs und -mitarbeiter die an einer aktuellen Reise-vor9-Umfrage teilnahmen, hält nichts von der Initiative, die hundertprozentige Vorkasse bei der Buchung von Flügen abzuschaffen. Unter den Beschäftigten bei Reiseveranstaltern ist das Stimmungsbild anders.
"Sollte sich an der gängigen Praxis, dass Reisende bei der Buchung eines Fluges gleich den vollen Reisepreis zahlen müssen, etwas ändern?", lautete die Einstiegsfrage der aktuellen Umfrage, an der rund 500 Reiseprofis teilnahmen. Nachdem das Land Niedersachsen am Freitag den Antrag in den Bundesrat eingebracht hat, dieser möge sich für eine Abschaffung der geltenden Praxis einsetzen, ist diese Frage keineswegs nur theoretischer Natur.
Seit dem Rückzahlungsstau für gezahlte Kundengelder im Zuge der Corona-Pandemie und nach dem Flugchaos dieses Sommers fordern Verbraucherschützer, aber auch Politiker, der Gesetzgeber solle der Praxis, dass bei der Flugbuchung gleich der volle Reisepreis zu zahlen ist, ein Ende bereiten. Das lehnen 52 Prozent der Reisebüros, die an der Umfrage teilnahmen, ab – 43 Prozent sprechen sich dagegen für eine Änderung aus.
Konträre Positionen
Unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Reiseveranstaltern zeigt sich dagegen ein anderes Bild: 62 Prozent von ihnen befürworten eine Änderung, 35 Prozent sind dagegen, der Rest ist unentschieden. Und selbst bei den Umfrageteilnehmern, die sich als Airliner ausweisen, herrscht in diesem Punkt keineswegs Einmütigkeit gegen eine Abschaffung der Vorkasse.
Bei vielen Reisebüros ist unterdessen die Befürchtung groß, dass Kunden, die nicht gleich bei der Flugbuchung zur Kasse gebeten werden, ihre Buchung nicht als verbindlich betrachten könnten. "Dann müssen wir dem Geld hinterherlaufen", lautet eine in mehreren Kommentaren geäußerte Befürchtung. Andere vermuten einen erhöhten logistischen Aufwand, wenn Zahlung und Ticketausstellung erst kurz vor Flugbeginn erfolgen.
"Airlines haben den Bogen überspannt"
Gut ein Drittel der Veranstalter-Beschäftigten sieht das offenbar ähnlich. Indes finden sich sowohl im Vertrieb als auch bei den Veranstaltern Stimmen, die erklären, den Airlines geschehe eine Änderung des Regelwerks recht, weil sie bei Rückzahlungen und mit ihren zahlreichen kurzfristigen Flugstreichungen den Bogen überspannt hätten. Zudem finden viele, der kostenlose Kredit, der den Kunden gerade bei langfristigen Buchungen abverlangt werde, sei nicht in Ordnung.
Nicht alle, die sich für eine Änderung des geltenden Regelwerks aussprechen, würden dabei die von politischer Seite formulierte Forderung unterschreiben, dass erst beim Boarding kassiert werden darf. Das könnte schnell zu Chaos führen, befürchten einige und schlagen eine Frist vor, die eine, zwei oder drei Wochen vor dem Abflug liegt.
Anzahlung wie bei Pauschalreisen?
Populär ist offenbar auch die Idee, die Sache bei Nur-Flug-Buchungen ebenso geregelt werden wie bei Pauschalreisen: mit einer Anzahlung nach der Buchung und der Restzahlung innerhalb einer bestimmten Frist vor der Abreise. Dieser Ansatz findet sich sowohl bei Reisebüros als auch unter Veranstaltern.
Fröhliche Wiederauferstehung feiert in der aktuellen Debatte auch die Forderung nach Sicherungsscheinen für Flugtickets. Sie schwelt schon seit Jahren und wird auch in der aktuellen Misere von Vertrieb und Veranstaltern wiederholt formuliert. Das Ziel sei, dass sich Airlines ähnlich wie Anbieter von Pauschalreisen gegen die eigene Insolvenz absichern müssten, heißt es mehrfach. Andere Kommentatoren schlagen vor, dass die Airlines Kundengelder auf ein Treuhandkonto einzahlen müssten und sie erst nach Abflug einstreichen dürften. Auch damit seien Kunden bei Flugausfällen und Verspätungen besser geschützt. Und nicht ganz wenige sehen wieder mal den Staat in der Pflicht, der unter Beibehaltung der aktuellen Regeln dafür sorgen müsse, dass Kunden ihr Geld schnell zurückerhalten.
Christian Schmicke