26. Juli 2024 | 07:00 Uhr
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Wenn der Flug zum Booking-Hotel ein ziemlicher Unsinn ist

Booking, der Platzhirsch für Hotelbuchungen, will seinen Kunden hierzulande neuerdings auch die Anreise verkaufen. Innerhalb Deutschlands allerdings nicht mit der Bahn, sondern mit dem umweltschädlicheren Flugzeug – manchmal sogar mit einem Umweg über die Türkei. Das System ist keineswegs ausgereift, wie ein Selbstversuch der Redaktion zeigt.

Wolken Beine iStock Mihaela Rosu.jpg

Hotelbuchungen mit Booking sind einfach und schnell erledigt. Doch damit will sich Booking nicht länger begnügen und erweitert schon seit geraumer Zeit sukzessive seine Wertschöpfungskette. "Mit unserer Vision des Connected Trips wollen wir die Zukunft des Reisens einfacher, personalisierter und responsiver gestalten und verbinden dabei eine breite Palette von Unterkünften, Attraktionen, Flügen und Transportmöglichkeiten wie Mietwagen nahtlos miteinander", heißt es dazu von Booking auf Nachfrage. 

Alles klar, dann schauen wir mal was da so kommt. Schon Sekunden nach der Bestätigung über die getätigte Hotelbuchung gibt es die Möglichkeit einen Flug über Booking dazu zubuchen. Wir machen den Test. Eine Hotelübernachtung in Aschaffenburg, 50 Kilometer von Frankfurt entfernt. Booking meldet sich in der App per Nachricht mit dem Betreff "Nächster Schritt: tausende Flüge nach..."

Die Strecke von Essen nach Aschaffenburg ist eigentlich ein Fall für die Bahn, doch Booking sieht das anders und schlägt (neben der Fahrt mit einem Uber-Taxi) die Buchung eines Flugs von Düsseldorf nach Frankfurt vor. Obwohl das Unternehmen nur zu oft seine Bemühungen rund um das Thema Nachhaltigkeit hervorhebt, auch wenn diese mitunter wegen des Verdachts von Greenwashing wieder kassiert werden müssen. Sicherheitshalber stellt Booking diesmal auf Nachfrage klar: "Wir möchten darauf hinweisen, dass wir auf Booking.com keine Bahnreisen anbieten."

Na denn, dann nehmen wir für die knapp 200 Kilometer eben den Flieger. Der Abflug soll am Nachmittag erfolgen, am Nachmittag des Folgetags ist der Rückflug geplant, 185 Euro, durchgeführt von der Lufthansa. Mögliche Gewissensbisse wegen der Umweltbelastung werden von Booking im Keim erstickt: "58 % weniger C02-Äq-Emissionen als der Durchschnitt aller von Booking angebotenen Flüge auf dieser Strecke", jubelt der Monopolist für Hotelbuchungen in einer eingespielten Nachricht.

Laut Booking-Reiseplan schafft es der Gast pünktlich zum Check-out ins Hotel

Doch wie kann das sein, auf der Strecke Düsseldorf – Frankfurt verkehrt doch grundsätzlich nur Lufthansa? Wie kann es dort solch große und positive (!) Unterschiede geben? Booking weiß es auch nicht genau, antwortet aber professionell auf unsere Nachfrage: "Im Rahmen unseres Engagements für nachhaltigeres Reisen stellen wir unseren Kunden Informationen über die CO2-Äq-Emissionen von Flügen zur Verfügung, damit sie eine fundierte Entscheidung für ihre Reise treffen können. Wir berechnen die geschätzten CO2-Äq-Emissionen eines Fluges mithilfe des 'Travel Impact Model' von Travalyst. Das Modell kombiniert Daten zu Strecke, Flugzeug, Kabinenklasse, Sitzplatz und Auslastung pro Passagier. Diese Daten werden dann mit ähnlichen Flügen, die wir anbieten, verglichen, um den Durchschnitt zu ermitteln."

Die Antwort klingt super, lässt uns aber trotzdem etwas ratlos zurück. Wir machen einen weiteren Test. Wieder eine Hotelbuchung in Aschaffenburg, einfach ein anderes Datum. Mal schauen was diesmal passiert. Die Reisespezialisten von Booking übernehmen und erstellen gleich einen passenden Vorschlag. Der Vorschlag muss richtig gut sein, schließlich wird er an erster Stelle des Rankings von Booking platziert und mit gleich drei verkaufsfördernden Attributen versehen: "Am besten. Am günstigsten. Am schnellsten."

Eigentlich kann man ja jetzt blind buchen. Wir schauen trotzdem noch mal hin. Abflug um 20:40 Uhr am Abend in Düsseldorf, Ankunft um 06:45 Uhr am nächsten Morgen (!) in Frankfurt. Wenn man nicht trödelt, schafft man es also noch knapp zum pünktlichen Check-out des gebuchten Hotels in Aschaffenburg, wie praktisch. Und es kommt noch besser: Denn im Rahmen des besten, günstigsten und schnellsten Fluges macht man vorher zur nachtschlafenden Zeit zusätzlich und ohne weitere Kosten im türkischen Adana Station, ehe es nach einer Pause von 2:10 Stunden dann nach Frankfurt geht. 

Sollten wir Gepäck aufgeben, ist die Reisekette allerdings etwas holprig. Booking schreibt pflichtschuldig: "Sie müssen ihr Gepäck am Flughafen in Adana abholen und erneut aufgeben." Warum nicht, ist ja auch eher eine Erlebnisreise. Kostenpunkt für den Abenteuertrip: 708 Euro. Immerhin, der Rückflug von Frankfurt erfolgt dann wieder ohne Umsteigeverbindung direkt nach Düsseldorf. Die vorgesehene Flugzeit ist, wie wir jetzt sehen bereits um 9:05 Uhr ab Frankfurt terminiert. Aber auch das ist sicher kein Problem, wir können ja jetzt die Hotelnacht in Aschaffenburg gleich stornieren. Das wäre eh günstiger, zumal wir das Hotel Dank der intelligenten Reiseplanung von Booking gar nicht mehr benötigen. Wir denken kurz darüber nach bei Booking nachzufragen, ob das möglich wäre? Und lassen es dann lieber bleiben...

Pascal Brückmann 

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