15. Juli 2024 | 14:56 Uhr
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TUI und VUSR auf Werbetour für Pauschalreisen

TUI-CEO Sebastian Ebel (rechts) hat bei einem Treffen mit dem spanischen Minister für Industrie und Tourismus Jordi Hereu Boher (Mitte) und der Staatssekretärin für Tourismus Rosario Sanchez Grau (links) die Bedeutung von Pauschalreisen für die Ökonomie südeuropäischer Länder hervorgehoben. In dieselbe Kerbe schlägt VUSR-Chefin Marija Linnhoff in einer Mitteilung ihres Verbandes.

Rosario Sanchez Grau Jordi Hereu Boher Sebastian Ebel

Rosario Sanchez Grau und Jordi Hereu Boher empfingen Sebastian Ebel in Madrid

Die Proteste gegen die Auswüchse des Massentourismus, wie es sie zuletzt auf Mallorca, den Kanaren, in Barcelona und andernorts gab, beginnen Vertretern des Outgoing-Geschäfts hierzulande offenbar Sorge zu bereiten. Jedenfalls reiste TUI-Chef Ebel eigens nach Madrid, um sich dort für sein Unternehmen und das Thema Pauschalreise starkzumachen. Als Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber spiele der Tourismus in vielen südeuropäischen Ländern eine bedeutende Rolle, argumentierte er in einer anschließend veröffentlichten Mitteilung. In Spanien habe der Anteil des Tourismus am Bruttoinlandsprodukt 2023 bei 12,8 Prozent gelegen, in diesem Jahr werde eine weitere Steigerung auf 13,4 Prozent erwartet.

Allein TUI bringe in dieser Sommersaison mehr als sechs Millionen Urlauberinnen und Urlauber nach Spanien, die in Hotels, Häfen, an Flughäfen und in der gesamten Wertschöpfungskette der spanischen Tourismusindustrie für Tausende sichere Jobs sorgten, so Ebel weiter. Tourismus sei "ein Motor für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung von Destinationen", meint der Konzernchef, der gleichwohl weiß, dass Tourismus "von den Menschen vor Ort als ein Mehrwert für ihre Stadt oder Region begriffen"" werden müsse, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Die Zusammenarbeit zwischen Bevölkerung, Politik und Tourismusbranche in den Urlaubszielen sei notwendig, "um die positiven Wirkungen des Tourismus weiter zu stärken und ganzheitliche Konzepte für Wohnraum und Lebensalltag für die Menschen vor Ort zu entwickeln".

"Menschen sind nicht gegen Tourismus"

Ebel glaubt, dass die aktuellen Proteste in Spanien "zeigen, dass die Menschen nicht gegen den Tourismus sind". Sie forderten vielmehr einen nachhaltigen Tourismus, der den Lebensalltag der Einheimischen respektiert. Deshalb gelte es in Partnerschaft mit den Beteiligten vor Ort und der Tourismusindustrie ganzheitliche Konzepte zu entwickeln, die das Tourismus-Ökosystem und das Leben der Einheimischen in Einklang bringen. "Nur ein Tourismus, der von den Einheimischen akzeptiert und unterstützt wird, könne ein nachhaltiger Tourismus sein", weiß der CEO.

Auch VUSR-Chefin Marija Linnhoff unterstreicht in einem Statement, die Akzeptanz von Tourismus hänge "stark von den vorherrschenden Urlaubsformen und dem Umgang mit den Menschen vor Ort ab". Pauschalreisen seien "eine Reiseform, die bestimmte negative Auswüchse vermeiden kann", glaubt sie. Sie trügen dazu bei, „dass der Wohnraum der Einheimischen nicht übermäßig beansprucht wird“ und schafften gleichzeitig Arbeit und Wertschöpfung vor Ort. Gleichwohl müsse die Touristik "auf die Bedürfnisse und Sorgen der Menschen in den Destinationen eingehen". Es sei "zumindest an einigen Stellen nachvollziehbar", dass Einheimische ein "Störgefühl" hätten, wenn der Tourismus den Wohnraum so verteuere, dass diejenigen, die in Restaurants und Hotels arbeiteten, sich keine Wohnungen mehr leisten könnten.

Gute Pauschalreise, böse Ferienvermietung?

Ohne es explizit auszusprechen, treiben beide Protagonisten damit die These voran, dass es nicht Pauschalreisen sind, deren Folgen die Menschen zu Tausenden gegen den Tourismus auf die Straße treiben, sondern Airbnb, Booking & Co. Die immer häufigere Umwandlung von Wohnraum in Ferienhäuser und Wohnungen sorge für steigende Miet- und Immobilienpreise, während Pauschalurlauber auf eine eigens für sie errichtete Infrastruktur zurückgriffen und in Hotellerie und Gastronomie für Arbeitsplätze und Einkommen sorgten.

Das ist sicher nicht ganz falsch; aus der Sicht von Tourismuskritikern aber nur ein Teil der Wahrheit. Zwar konkurriert mancherorts tatsächlich die Nachfrage nach Ferienimmobilien intensiv mit dem Bedarf der Einheimischen an bezahlbarem Wohnraum. Das hat zur Folge, dass sich vor allem Beschäftigte mit geringeren Einkommen auf Inseln wie Mallorca oder Teneriffa schwertun, ein festes Dach über dem Kopf zu finanzieren. 

Heile Welt in touristischen Zentren?

Doch dass in den Bettenburgen der touristischen Zentren eine heile touristische Welt herrschen würde, ist nicht nur in architektonischer Hinsicht zweifelhaft. So klagt im Falle Spaniens etwa die Aktivistinnen-Organisation Las Kellys immer wieder über schlechte Bezahlung und schwierige Arbeitsbedingungen. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung berichtet ein Zimmermädchen über häufigen Konsum von Schmerzmitteln, Opioiden und Psychopharmaka in ihrer Berufssparte.

TUI-Chef Ebel nimmt für sein Unternehmen in Anspruch, grüne Energie und nachhaltige Kraftstoffe, die Stärkung von Bildungs- und Ausbildungschancen sowie Konzepte für den sparsamen Umgang mit Wasser in Hotels und auf Kreuzfahrtschiffen zu fördern und voranzutreiben. Gut so. Wirklichen Einfluss hat der Konzern darauf allerdings nur bei den "eigenen" Hotelmarken, nicht aber bei den übrigen rund 75.000 Häusern, von denen ein großer Teil über Bettenbanken in die Systeme gespielt wird.

Christian Schmicke

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