15. August 2024 | 07:00 Uhr
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Hotelgutscheine sind ein gutes, aber komplexes Geschäft

Die Ausgabe von Gutscheinen kann für Hotels ein lohnendes Geschäft sein. Nahezu jeder dritte verkaufte Gutschein wird laut Anbieter Hotelnetsolutions, der einen Gutscheinshop betreibt, nicht eingelöst. Somit verbleibt der Erlös beim Hotel, obwohl keine Leistung erbracht wurde. Der Fall "Jochen Schweizer" zeigt jedoch, dass das Thema regulatorisch heikel werden kann. 

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Hotelgutscheine können ein lohnendes Geschäft sein. Vor allem, wenn sie nie eingelöst werden

Hotelnetsolutions hat erstmals Zahlen aus ihrem Gutscheinshop Voucher-Booking enthüllt und diese machen transparent, was schon länger ein offenes Geheimnis ist: Ein signifikanter Anteil der verkauften Gutscheine wird niemals eingelöst. So gibt Hotelnetsolutions an, dass seit der Einführung des Gutscheinshops im Jahr 2015 bis heute 320.553 Gutscheine verkauft worden seien. Und davon wurden immerhin 93.567 nie eingelöst.

Hotelnetsolutions sieht in dem Gutscheinshop – nicht ganz uneigennützig – eine gute Möglichkeit für Hotels, zusätzlichen Umsatz zu erzielen. "Ohne zusätzlichen Arbeitsaufwand für das Personal ermöglicht Voucher-Booking Hotels, nebenher Gutscheine zu verkaufen, Zusatzeinnahmen zu generieren, finanzielle Polster aufzubauen und dazu ganz neue Gäste zu gewinnen", heißt es beim Anbieter.

Gleichwohl, das Thema Gutscheine ist für die Buchhaltung der Hotels oftmals eine Herausforderung. Diese sind meist drei Jahre gültig und müssen, so lange sie nicht eingelöst sind, sauber bilanziert werden. Eine weitere Herausforderung ergibt sich für die Buchhaltung dadurch, dass der Gutscheinbetrag in den seltensten Fällen der dann auch abgenommenen Leistung entspricht. Sprich, eine Nachzahlung kommt dazu oder aber der Gutscheinwert verringert sich. In jedem Fall muss die Buchhaltung manuell eingreifen.

ProSiebenSat.1 stellt sich auf Strafzahlung in Millionenhöhe ein

Wie komplex das Thema ist, musste auch der Medienkonzern ProSiebenSat.1 erfahren, als sich herausstellte, dass die Geschäftstätigkeit ihrer beiden Tochtergesellschaften Jochen Schweizer und Mydays, die im Wesentlichen im Vertrieb von Gutscheinen besteht, in Teilen unter das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) fällt und sich plötzlich die Finanzaufsicht BaFin einschaltete. Ende Februar 2023 musste sogar kurzfristig die Vorlage von Jahres- und Konzernabschluss verschoben und infolge dessen auch ein neuer Termin für die Hauptversammlung gefunden werden. Ein riesiger Imageverlust für das SDax-Unternehmen.

Zwischenzeitlich haben die Prüfungen ergeben, dass die beiden Reisetochtergesellschaften für die Ausgabe bestimmter Gutscheinprodukte mit einem Gutscheinwert von über 250 Euro, die im Geschäftsjahr 2022 rund 20 Prozent des Gesamtumsatzes von Jochen Schweizer und Mydays ausgemacht haben, eine Erlaubnis der BaFin nach dem ZAG benötigt hätten.

Da dies aber nicht der Fall war, stellt sich der Medienkonzern nun auf Strafzahlungen in Millionenhöhe ein. Ende Juni musste der Konzern eine Rückstellung "im unteren einstelligen Millionen-Euro-Bereich" bilden. Nach Konzernangaben will die Staatsanwaltschaft München I Bußgelder gegen einzelne Gruppengesellschaften verhängen, die bald zugestellt werden dürften. An dieser Stelle ist der Gutschein für ProSiebenSat.1 auf ein einträgliches Geschäft geplatzt.

Pascal Brückmann

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