Was trieb Sie trotz Corona nach Costa Rica, Herr Jaenicke?
Der Schauspieler, Autor und Umweltaktivist Hannes Jaenicke reiste im September nach Costa Rica, um einen Dokumentarfilm über das Land zu drehen. Im Interview schildert er seine Eindrücke und Einsichten.
Sie waren erst vor kurzem in Costa Rica unterwegs. Wie hat sich das Reisen unter Pandemie-Bedingungen angefühlt?
Hannes Jaenicke: Ausgesprochen sicher. Im Gegensatz zu vielen Mitbürgern in Deutschland halten sich Costa-Ricaner absolut vorbildlich an die Covid-Regeln, vor allem was Masken tragen und Abstand halten betrifft. In Costa Rica sind zwei Meter vorgeschrieben, und es gab überall die Möglichkeit, sich die Hände zu waschen und zu desinfizieren.
Politiker ermahnen die Bundesbürger, wegen der Corona-Pandemie zu Hause zu bleiben. Warum reisen Sie trotzdem durch die Welt?
Weil die Arbeit trotz Corona ja irgendwie weitergehen muss. Wir haben gemeinsam mit Daniel Rösner eine Doku über Costa Rica gedreht, mit dem Schwerpunkt Öko-Tourismus, Artenvielfalt und Nachhaltigkeit. Da ist Costa Rica weltweit einsamer Spitzenreiter, und das wollten wir dokumentieren und unterstützen.
Wie waren Sie in Costa Rica unterwegs?
Teilweise im Auto, teilweise per Einbaum, Fähre, Rafting-Schlauchboot, Surfbrett und zu Fuß.
Welche Erlebnisse haben Sie besonders beeindruckt?
Die Liste ist lang. Angefangen bei der vorbildlichen Politik, deren Umgang mit der indigenen Bevölkerung, mit Natur und Biodiversität; und vor allem die intakte Wildnis, die menschenleeren Strände und Surfspots. Am faszinierendsten fand ich eine Flussfahrt im Einbaum zu dem Stamm der Bribri an der Grenze zu Panama.
Welche Aufenthaltsorte und Umweltprojekte sind Ihnen besonders präsent geblieben?
Der Pacuare River und die Pacuare-Lodge haben mich umgehauen. Ebenso die Selva Bananito Lodge von Jürgen Stein. Und es gibt so viele wunderschöne Nationalparks und tolle Schutzprojekte, dass ich nicht wüsste, welches davon ich einzeln hervorheben soll. Exemplarisch nenne ich jetzt mal das 'Jaguar Rescue Center' in Puerto Viejo.
Sie engagieren sich intensiv für Natur- und Umweltschutz. Wo steht Costa Rica nach Ihrer Erfahrung in dieser Hinsicht?
Wie gesagt sollte uns dieses kleine Land als Vorbild dienen. Zwei Beispiele: während bei uns fast ein Drittel der einheimischen Tierarten bedroht ist oder ausstirbt, besitzt Costa Rica die größte Biodiversität der Erde. Und es gewinnt über 99 Prozent seines Stroms aus regenerativen Energiequellen. Da hinken wir um Jahrzehnte hinterher. Man fragt sich, warum?
Was glauben Sie?
Costa-Ricanern scheint ihr 'Pura Vida', eine intakte Natur und Umwelt wichtiger zu sein als Profit und Konsum. Das macht das Land für mich so besonders.
Welche Rolle spielt der Tourismus dabei?
Eine existenziell Wichtige. Das ist auch der Grund, warum ich unsere Reise dorthin trotz Corona verteidige: wenn der Tourismus in Ländern wie Costa Rica kollabiert, dann kriseln sofort auch Naturschutz und Umweltprojekte dort, und die Einheimischen verlieren ihre Jobs.
Wie können Touristen dazu beitragen, dass ihre Reisen dem besuchten Land eher nützen als schaden?
Indem man All-inclusive- und Billigreisen meidet. Lieber seltener verreisen, dafür aber bewusster, individueller und nachhaltiger. Und man sollte grundsätzlich kleine Öko-Lodges und lokale Familienbetriebe vorziehen, bevor man große Konzerne und Ketten bucht.
Wo liegen in touristischer Hinsicht die Stärken Costa Ricas? Und wo sehen Sie Schwächen?
Selbst nach 35 Jahren weltenbummeln kenne ich kein Land mit so viel unberührter Natur, Wildnis, leeren Stränden, Küsten an zwei Weltmeeren und dazwischen atemberaubenden Bergen, Urwäldern, Flüssen und Nationalparks. Die einzige Schwäche könnte sein, dass immer mehr Besucher wie ich das Land für sich entdecken und es irgendwann voll wird im Paradies.
Welche Orte in Costa Rica sollten Reiseverkäufer ihren Kunden besonders ans Herz legen?
Grundsätzlich jedes Reiseziel, das Natur- und Tierschutz und die lokale Bevölkerung unterstützt. Erfolgreicher Umweltschutz funktioniert nur, wenn die Menschen vor Ort eingebunden werden und sie die Möglichkeit haben, mit Ökotourismus Geld zu verdienen. Insofern sollte man die Nationalparks und Naturschutzgebiete promoten, und jede Form des indigenen und nachhaltigen touristischen Angebots.
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